heißa dann ist Abstimmungstag.
Morgen entscheidet das EU-Parlament über die Einführung der umstrittenen Softwarepatente. Der Ausgang ist offen, nachdem die Abstimmung nun bereits mehrmals verschoben wurde. Offenbar mussten sich die Abgeordneten erstmal anständig erkundigen, über was sie überhaupt abstimmen. Und dabei lässt das, über das abgestimmt werden soll, einem die Haare zu Berge stehen.
Über was wird überhaupt abgestimmt?
Softwarepatente sind in den USA bereits gang und gebe. Und anstatt aus den dort gemachten Erfahrungen zu lernen, sollen diese nun auch in Europa eingeführt werden.
Vorgeschichte: In Europa ist Software nicht patentierbar (nicht zu verwechseln mit dem Quellcode, dieser ist natürlich urheberrechtlich geschützt). In den USA schon. Dort gibt es Patente auf alle möglichen und vor allem unmöglichen Dinge, wir z.b. das :-("-Zeichen ("Quelle) oder die 1-Click-Technik" im "Amazon-Webshop.
Auch in Europa gibt es bereits vom europäischen Patentamt genehmigte Softwarepatente, die es nach geltendem Recht eigentlich gar nicht geben dürfte. Die British Telecom hat nach eigenen Angaben ein Patent auf Hyperlinks. Außerdem gibt es ein Patent auf die vielgenutzten Karteikartenreiter in Programmen.
Klartext: Mit Softwarepatenten könnte jede Banalität zum Patent erklärt werden.
Oft wird behauptet, Patente fördern die Innovation, weil damit Investitionssicherheit gewährleistet ist. Aber genau das Gegenteil ist der Fall. Oft ist es unmöglich, Alternative Software zu entwickeln, weil es bereits Patente auf diesem Gebiet gibt. Siehe z.B. http://swpat.ffii.org/patente/wirkungen/index.de.html
Sollte es zu Softwarepatenten kommen, wird es weniger Investitionen in Software geben. Warum? Weil niemand sicher sein kann, mit selbstgeschriebener Software gegen Patente zu verstoßen. Mittelständischen Firmen ist es unmöglich, Patentanwälte zu bezahlen.
Oft wird behauptet, Patente schützen kleine Firmen vor großen Konzernen. Ist das wirklich so? Fast alle wichtigen Patente sind in der Hand großer (zumeist US-)Konzerne. Würden Großkonzerne die Klagen kleinerer Firmen nicht einfach aussitzen? Solange herauszögern bis der Gegner pleite ist?
Was passiert wenn Softwarepatente Wirklichkeit werden?
- Es wird weniger Investitionen in Software geben, was insbesondere den Mittelstand trifft.
- Es wird weniger Alternativsoftware geben, weil diese Patente verletzen kann.
- Freie Software wird es so nicht mehr geben. Welcher Programmierer wird freie Software entwickeln und kostenlos bereitstellen, wenn er damit Gefahr läuft, wegen der Verletzung von Patenten auch noch belangt zu werden? Die Welt spricht von Linux, von seinem Potential, das Microsoft-Monopol aufzubrechen. Damit wäre es dann vorbei.
Ist es das, was unsere Politik will? Sollte nicht gerade der Mittelstand gestärkt werden? Führt nicht gerade die Softwarevielfalt zu Wettbewerb und Innovationen?
Es ist gar nicht möglich, Software auf mögliche Patentverletzungen zu untersuchen.
Die einzigen Gewinner wären mal wieder die (Patent-)Anwälte.
Wir werden sehen, wie das EU-Parlament morgen entscheidet.
- als demokratische Vertreter Ihrer Wähler
- oder als Vertreter unserer Großkonzerne.